Orts- und Kirchengeschichte

Unter der alten Form des Namens wird Reddechlyn im 14. Jahrhundert zu ersten Mal urkundlich erwähnt. Es ist ein altslawischer Name, der auf Radu = flink, bereit und froh hindeutet. Rechlin stammt aus dem „Ort des Radechla“, in dem ein slawischer Stamm lebte, der wohl diese Eigenschaften hatte.

Reglin

Am 24. August 1374 erwirbt der Knappe Jacob Zartwitz drei Hufen Land in Reddechlyn von Bedeka von Kerkberg. Die Familie von Kerkberg hält Besitz und Rechte in Rechlin bis Anfang des 18. Jahrhunderts. Mit ihnen haben auch die in Retzow, Leppin, Roggentin und Klopzow angesessene Familie von Retzow erhebliche Anteile am Dorf bis ins 17. Jahrhundert hinein. Ihnen gehörte das kirchlehn.

Der Besitz beider Familien geht Anfang des 18. Jahrhunderts auf derer von Barnewitz und 1710 auf den Oberst von Langermann über. 1729 kauft Friedrich von Barnewitz den Besitz für 28.000 Taler wieder zurück. 1741 nach dem frühen Tod des Stammhalters Karl-Friedrich-August von Barnewitz im Alter von zwei Jahren tritt eine vormundschaftliche Verwaltung ein. Dennoch kommen die Güter schon 1754 an die von Lowzows und 1787 an die von Hammersteins.

1541 besitzt Matthaeus von Retzow zu Leppin das Kirchenpatronat. Kirchherr ist aber Johannes Kutze, der auch die Filialen zu Roggentin und Klopzow versorgt.

Nach ihm klafft eine mehr als 100-jährige Lücke in den kirchlichen Nachrichten.

Um 1662 ist Simon Riaes Pastor zu Rechlin. Er hat auch die Kura in den Kirchen zu Roggentin, Retzow und Leppin. Seine Patrone sind für Roggentin und Rechlin Joachim Ernst von Retzow zu Retzow, Kaspar von Gadow zu Leppin und Hans Kaspar von Reckentin zu Leppin. Für Retzow der schon genannte Joachim Ernst von Retzow und Christian von Barnewitz. Für Leppin, Anna von Kerkberg.

1676 brannte die Kirche zu Rechlin ab. Auch die Kapelle von Leppin ist eingestürzt.

1689 ist die Kirche in Rechlin wieder aufgebaut. Pastor Joachim Röring waltet von 1685 – 1723 hier seines Amtes. Ihm folgte eine lange Vakanz bis 1731. dann heißt es, dass alle drei Kirchen (Rechlin, Roggentin und Retzow) baufällig seien. Deshalb wurde 1791 in einem Vertrag festgehalten, dass die Kirchen von Rechlin und Retzow abgebrochen werden und alle Gläubigen auf die Kirche in Roggentin angewiesen sind.

Blick über eine Wiese mit einem Landschloss, einer Scheune und kleinem Nebenhaus vor einem Wald

1802 wurde wiederum vertraglich festgelegt, eine neue Kirche in Rechlin zu bauen. Der Patron, Baron von Hammerstein erklärte sich bereit den Bau einer großen massiven Kirche zu übernehmen. Mit deren Errichtung konnte wegen der Kriegszeiten jedoch erst 1816 begonnen werden. 1832 ist die Kirche zu Rechlin fertiggestellt und wurde unter Pastor Hast geweiht. Die neue Kirche Rechlin auf dem Felde, im nüchternen klassizistischen Stil erbaut, liegt günstig zu Roggentin und Retzow. Markant ist an diesem Bau, dass der Turm auf der Ostseite hinter dem Altar liegt, was sehr untypisch ist.

Da nun das Gotteshaus in Roggentin ebenfalls wegen Baufälligkeit abgerissen werden muß, wird die Kirche in Rechlin das geistliche Zentrum der drei Orte.

Kirche Rechlin Nord Schwarz-Weiss

Bis 1912 wir das Rechliner Gotteshaus als evangelische Pfarrkirche erwähnt und der letzte Pastor Borgwardt übergab 1917 die Kirche an den Fiskus, da ein Militärflugplatz in Rechlin gebaut werden sollte. Die Kirche betrafen diese Veränderungen kaum, deshalb befanden sich Altar, Empore, Orgel, Kanzel und Gestühl noch bis 1924 in der Kirche. Jedoch wurde sie schon ab 1920 als Viehstall, Scheune und Lagerstätte genutzt..

Nach 1934 wurde das Gotteshaus wieder hergerichtet. Dazu wurde die gesamte Empore entfernt, um einen Hallencharakter der Kirche zu erreichen. am 15.12.1935 konnte die Kirche in Rechlin als Erste Garnisonskirche der Luftwaffe in Deutschland von Standortpfarrer Walter Ziercke geweiht werden. Sie diente bis Kriegsende 1945 sowohl den Gottesdiensten und Amtshandlungen der evangelisch- lutherischen wie auch der katholischen Konfession für den Fliegerhorst Rechlin mit über 2000 Beschäftigten und deren Familien. Der letzte Weihnachtsgottesdienst fand 1943 statt, denn ab Herbst 1944 verließen viele Familien Rechlin und kehrten meist in ihre Heimatorte zurück.

Ein dunkles Kapitel der Rechliner Kirchengeschichte steht im Zusammenhang mit dem katholische Pfarrer Dr. Dr. Bernhardt Schwentner. Dieser wurde im Oktober 1944 vom Volksgerichtshof wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Pfarrer Schwentner war aufrichtig und auch in der Diktatur unbeugsam. Das gefiel den Nationalsozialisten nicht. Ein Beschäftigter der Erprobungsstelle wurde als Spitzel auf ihn angesetzt.

Obwohl er bei den Offizieren der Erprobungsstelle sehr angesehen war, sezte niemand sich für ihn ein als er verhaftet wurde. Auch die Bemühungen der ihm kirchlich Vorgesetzten blieb erfolglos. Der Prozess geriet zur Farce. Vorsitz führte ein Richter, der bereits zuvor vier geistliche zum Tode verurteilt hatte. Der Hauptbelastungszeuge verstrickte sich in Widersprüche. Entlastungszeugen wurden nicht gehört. Gleichwohl erfolgte eine Verurteilung.

Während der etwa 6 Wochen zwischen Verurteilung und Vollstreckung der Todesstrafe verfasste er ein Gedicht:

Im Dunkel meiner Zelle

flehe ich zu Gott empor:

gebe meiner Seele Helle

sende deiner Engel Chor.

Sie mögen mich geleiten

an deinen heil´gen Thron,

nicht weichen von den Seiten,

bis ich dort oben wohn.

Dort aber, wo kein Dunkel

Und jede Nacht vorbei

Wo helles Sterngefunkel

Sind ewge Melodei:

Vom ewgen Licht und Frieden

Von ewger Herrlichkeit

vom ewgen Ruhn der Mühen nach Erdenleid und Streit

´´

Pfarrer Dr. Dr. Bernhard Schwentner

Zu seinen Ehren befindet sich neben dem Seiteneingang eine Gedenktafel.

Die Kirche hatte das Kriegsende unbeschädigt überstanden, Doch nach Übernahme1945 durch die Rote Armee wurde der Innenraum verwüstet, die Glocken und alle erhaltene Einrichtung einschließlich der Empore verschwanden. Das Kirchengebäude wurde als Munitionslager genutzt. Nachdem die Rote Armee das Haus wieder freigegeben hat, nutzte es die LPG als Kornspeicher.

In den Jahren1960 – 1962 lagerte die Schiffswerft Rechlin ihre Leichtmetall-Glätterei in das Kirchengebäude aus.

1962 übernahm die Nationale Volksarmee (NVA) das Gebäude und verwendete es als Turnhalle und Gerätelager.

In Folge der unterschiedlichen Nutzung wurden die Fenster zugemauert und Türen aus Stahlblech eingesetzt.

Nach der Wende geriet die Kirche 1990 in das Eigentum der Bundeswehr. Der im Februar 1991 von Limburg/Lahn nach Rechlin versetzte Kommandant des Heeresdepots, Oberstleutnant Olaf Bauer, begann unverzüglich die Kirche aufzuräumen und den sakralen Bau wieder als Gotteshaus herzurichten. Mit Arbeitern der Bundeswehr wurden die Fenster von Gittern und Mauern befreit und die ersten Reparaturarbeiten durchgeführt.

Weihnachten 1992 wurde die Kirche abermals geweiht.

In den folgenden zwei Jahren wurde die Idee des Depotkommandanten verwirklicht, einen Förderverein mit Mitgliedern aus den neuen und alten Bundesländern zu gründen. Gemeinsam mit Arbeitskräften der Gemeinde und Handwerkern hiesiger Firmen renovierten die Bundeswehrangehörigen und der Förderverein das Gotteshaus.

Nach 47 Jahren konnten wieder Gottesdienste und kulturelle Veranstaltungen in der Kirche stattfinden.

Am 25. September 1994 wurde der neue Pastor, Armin Schmersow, in sein Amt eingeführt. Er übernahm die Kirche und das Pfarramt Rechlin/Vipperow. Er hatte die Pfarrstelle bis zum 15. November 2015 inne.

Durch den Förderverein Kirche Rechlin Nord e.V. erhielt die Kirche 1998 ein neues Geläut, dass aus drei neuen Glocken und einer über 650 Jahre alten Glocke besteht. Die aus dem 14. Jhd. stammende alte Glocke, die seit 1967 im provisorischen Gotteshaus in Vietzen hing, kehrte nach Rechlin Nord zurück. Am 21.6.1998 wurden die Glocken geweiht.

Die Kanzel ist gemauert und ohne Schaldeckel. Sie entspricht der ursprünglichen Kanzel. Sie trägt heute einen künstlerischen Vorhang, der einen Engel zeigt. Der Vorhang wurde vom Sietower Künstlerehepaar M und C. Jeikner geschaffen.

Auf der rechten Seite steht ein elektronische Orgel. In der rechten Ecke sollte das Taufbecken, von dem ein Teil fehlt, Beachtung finden.

Die neue Sakral-Orgel stammt von der Firma Ahlborn.

Die Kirche bietet mit ihrer losen Bestuhlung bis zu 300 Personen Platz. Nicht nur für kirchliche, sondern auch für kulturelle Veranstaltungen, z.B. Konzerte, Vorträge, Lesungen und Ausstellungen steht der Kirchensaal zu Verfügung.

Unter dem Turm, der hinter dem Altar liegt, befinden sich eine kleine Sakristei, ein Sanitärbereich sowie eine kleine Küche. Die Sakristei wird auch für kleinere Veranstaltungen genutzt.

Die neue Pastorin, Verena Häggberg, trat ihren Dienst in der Kirchengemeinde Rechlin am 1. April 2016 an.